„Die bedingungsgemäße Regulierung ist für uns selbstverständlich“, ist das stolze Grundsatz versprechen der Versicherungswirtschaft, um die eigene Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit in ein positives Licht zu rücken. Der Kunde wähnt sich in Sicherheit und der Kampf und die umfangreichsten Bedingungen zu den besten Konditionen geht auf dem Papier weiter. Kommt es jedoch tatsächlich zum Versicherungsfall zeigt sich, dass nur wenige Versicherer integer genug sind, dieses Versprechen zu halten.
Die Krise führt zur Entgleisung
Im Zuge der Coronakrise wurden Handelsgeschäfte, Hotels, Restaurant, Clubs und viele andere Unternehmen mit einer Allgemeinverfügung behördlich aus Gründen des Seuchenschutzes geschlossen. Der klassische Anspruchsfall, wenn eine Betriebsschließungsversicherung besteht. Bedingungsgemäß hängt die Leistung genau von einer solchen Verfügung ab. Angesichts der Häufung der Ansprüche wurde die Versicherungsbranche bei der Auslegung der eigenen Bedingungen kreativ: Überwiegend einig, eine Pandemie könne die Versicherungswirtschaft nicht bezahlen, ging es nicht mehr um den Inhalt der Verträge, sondern um Strategien zur Abwehr der vertragsgemäß eingetretenen Zahlungsverpflichtungen.
Die Rechtfertigung: Entlarvende Ausreden
Gerechtfertigt wird diese Praxis in etwa so: “Corona gab es beim Abschluss des Vertrages noch nicht!”, “Wir meinen in den Bedingungen die Einzelverfügung und nicht die Allgemeinverfügung!”, oder “Eine Pandemie können wir nicht bezahlen, von so einem Ereignis sind wir in den Bedingungen nicht ausgegangen.” Im Ergebnis wurden Leistungen mit unterschiedlichen Argumentationen nicht gewährt.
Der Ausweg: Erpresserische Verhandlungen
Alternativ wurden schnelle Vergleiche angeboten, die deutlich unter den erwarteten Leistungen lagen. Geht die/der Versicherte auf diese Vergleiche ein, verzichtet sie/er auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche. In vielen Fällen kamen rechtliche Beurteilungen zu dem Schluss, dass Klagen durchaus erfolgversprechend wären und die vertraglichen Bedingungen zur Leistung durch die Versicherer – auch bei der aktuellen Pandemie – verpflichten. In Verhandlungen mit den betroffenen Kunden werden seitens der Versicherer auch Hinweise auf lange Prozessdauern und die damit verbundene Zeit ohne Regulierung “entschlussfördernd” eingebracht.
Dabei gilt zu bedenken: Bedingungen werden immer komplizierter. Um so anstandsloser ist entsprechend die Vorgehensweise, diese auch noch zu Ungunsten des Kunden auszulegen. Die Branche hat als einzigen Geschäftszweck die finanzielle Kollektivierung von individuellem Leid und verspielt leichtfertig das Vertrauen der Kunden in sich. Immerhin gab es auch positive Ausnahmen:
Ein positives Gegenbeispiel
Ein größerer Kölner Traditionsversicherer zeigte sich Charakterstark – auch gegen den Trend der Branche. Dort hat der Vorstand die Probleme in den Vertragsbedingungen erkannt, aber diese nicht auf dem Rücken der Kunden gelöst. Unklarheiten in den Verträgen können nicht zu Lasten des Kunden gehen. Von diesem Unternehmen wurde der Schaden tatsächlich bedingungsgemäß reguliert. Für mich das einzig richtige Zeichen.
Der Wert der Unternehmenskultur
Mehr Charakter hätte der Branche gut zu Gesicht gestanden. Leider kann man diese Eigenschaft nicht im Vergleich der Konditionen messen. Woran erkennt man aber einen zuverlässigen Versicherer, der tatsächlich bedingungsgemäß reguliert?
Für mich hängt die erwähnte positive Ausnahme direkt mit der positiven zwischenmenschlichen Situation und der Kultur im betroffenen Unternehmen zusammen: Klare Kundenorientierung ist nicht nur eine Floskel. Sie zeichnet Unternehmen aus, denen es nicht nur um Gewinnmaximierung geht, sondern sich im Wortsinn einem Geschäftszweck widmen. Im direkten langfristigen Arbeitskontakt bemerkt man den Unterschied auf allen Ebenen. Hat man Funktionäre vor sich – oder Menschen, die innerhalb eines Wertesystems klare und anständige Entscheidungen treffen. Genau da liegt der Unterschied.
Zu zahlreichen kleineren Gelegenheiten lässt sich dieser Unterschied direkt erleben. Leider haben oft nur Insider die Gelegenheit, diese Einblicke zu gewinnen. Der Kunde selbst ist hier kaum in der Lage eine Orientierung zu entwickeln.
Wenn ich meinen Kunden eine Versicherung vorschlage, fließen solche Ereignisse und mein genereller Eindruck immer mit in meinen Vorschlag ein. Es lohnt sich für den Kunden.